Talkshow mit Pater Jeremias


Bei der blauen Stunde besuchte uns ein Augustinermönch namens Pater Jeremias Kiesl aus Erfurt, der lange zum Augustinerkonvent in Weiden gehört hatte und in dieser Zeit auch als Schulseelsorger bei uns am „Elly“ tätig war.

Er beantwortete uns im Rahmen einer Talkshow als ökumenisches Projekt in der 7. Jahrgangsstufe viele Fragen rund um das Klosterleben. Wir waren beispielsweise der Meinung, dass es strenge Regeln im Kloster gibt. Mönche dürfen aber auch Alkohol trinken und haben mehr Freizeit als wir vermutet haben. Allerdings hätten wir nicht gedacht, dass es nur vier Mönche im Katholischen Augustinerkonvent in Erfurt gibt, der im Evangelischen Regler-Gemeindehaus lebt und arbeitet und sowohl das Gemeindehaus als auch die Reglerkirche als Simultankirche mit der Evangelischen Kirchengemeinde zusammen für Gottesdienste, Konzerte und andere Veranstaltungen nutzt. Ferner haben wir erfahren, dass Mönche, die sich später doch noch entschließen, nicht das ganze Leben im Kloster verbringen zu wollen, austreten können und zwei bis drei Jahre lang die Möglichkeit haben, ins Kloster zurückzukehren, wenn sich ihre Traumfrau doch als weniger traumhaft erweisen sollte. Außerdem hat Pater Jeremias erzählt, dass jemand, der einmal zum Priester geweiht worden ist, immer Priester bleiben wird. Wenn also ein Priester aus dem Kloster austritt, wird er nur von seinen dienstlichen Pflichten entbunden, aber sein Weihestatus bleibt erhalten. So ist z.B. auch ein laisierter Priester verpflichtet einem Menschen, der in Lebensgefahr schwebt, die Sakramente zu reichen, wenn kein amtierender Priester erreichbar ist. Manche Mönche verlassen das Kloster wieder wegen der Liebe, denn man darf nicht heiraten als Mönch, weil man stattdessen ein Bündnis mit Gott geschlossen hat und für viele andere Mitmenschen da sein soll, nicht nur für eine eigene Familie. Wenn allerdings ein Mitbruder den Orden verlässt, ist das für Pater Jeremias meistens auch sehr traurig und schlimm, weil er damit oft einen Mitmenschen verliert, dem er sich sehr verbunden gefühlt hat.

Bei einem Todesfall gibt es für die Mönche in Erfurt noch keine eigene Begräbnisstätte, die Bestattung würde dann auf dem Friedhof eines anderen Augustinerklosters in Deutschland erfolgen.

Wir waren neugierig, ob auch Haustiere in einem Kloster erlaubt sind. Pater Jeremias erklärte uns, dass Haustiere mit Zustimmung der Mitbrüder erlaubt sind. Im Augustinerkonvent in Erfurt gibt es momentan aber keine Haustiere, in anderen Konventen gab oder gibt es Hunde, Katzen oder Aquarien mit Fischen.

Anschließend gab Pater Jeremias uns noch persönliche Einblicke in sein Leben. Er kannte die Augustiner in Weiden schon seit seiner Kindheit, weil er als Gymnasiast im Studienseminar St. Augustin war, und hat sich schließlich entschlossen mit 20 Jahren als Mönch in diesen Orden einzutreten. Nun ist er schon seit 30 Jahren im Kloster.

Auf der Straße wird er manchmal wegen seines Habits angesprochen, den er jedoch nicht immer tragen muss. So hält man ihn bisweilen in Erfurt für einen Stadtführer, der in historischem Lutheroutfit eine Stadtführung halten wird, wenn er in seinem Habit unterwegs ist. Wir haben außerdem erfahren, dass Mönche auch Urlaub machen dürfen, dazu fahren sie manchmal wie eine Familie gemeinsam an einen Ort, z.B. in den Schwarzwald oder nach Südtirol. Trotz des Klosterlebens und seiner Pflichten besucht Pater Jeremias oft seine Familie. Er kocht und liest gerne und ist immer für einen Kinobesuch zu haben. Zudem hält er sehr gerne Gottesdienste, auch im kleinen Kreis und in einer eher familiären Atmosphäre. Das Interview mit Pater Jeremias war sehr interessant und wir haben viele neue Eindrücke vom Klosterleben bekommen.

Im zweiten Teil der Talkshow folgte das ökumenische Projekt der 8. Jahrgangsstufe mit Pater Jeremias und der Klasse 8a zum Thema Martin Luther. So wollten die Schülerinnen wissen, ob Martin Luther einen Ordensnamen hatte, was der Augustinerorden vom Ablasshandel hält, welche Vorstellung Martin Luther von Gott hatte, warum Martin Luther gerade in diesen Orden eingetreten ist und wie Pater Jeremias zu Martin Luthers Wirken steht. Wir erfuhren, dass die Augustiner heute meist stolz darauf sind, dass Martin Luther einer von ihnen war, weil er den Mut hatte, beherzt gegen die Missstände in der damaligen Kirche vorzugehen, während man früher in Martin Luther oft nur den Glaubensspalter gesehen hat. Interessant war auch zu hören, dass Martin Luther wohl gerade deshalb in den Augustinerorden eingetreten ist, weil es der Orden war, zu dessen Ordensmitgliedern Martin Luther als Student den meisten Kontakt hatte. Die Angst vor Gott als dem strengen Richter veranlasste ihn dazu, ins Kloster einzutreten. Im Laufe seines Theologiestudiums veränderte sich seine Gottesvorstellung hin zu Gott als dem liebenden Vater.

Außerdem kam auch das Thema Ablass zur Sprache. Pater Jeremias betonte, dass man zwischen Ablass und Ablasshandel, der schon immer verboten war, aber als lukrative Geldeinnahmequelle trotzdem praktiziert wurde, unterscheiden müsse. Ablass gebe es auch heute noch in der Katholischen Kirche, Martin Luther dagegen prangerte den Ablasshandel an. Darunter versteht man den Verkauf von Ablassbriefen, um die Seelen der Verstorbenen aus dem Fegefeuer zu retten. Der Ablass dagegen ist eine Form der Sündenvergebung, die man für sich selbst durch bestimmte Bußleistungen erwirken kann und hat nichts mit dem Erwerb von Ablassbriefen zu tun.

Ob Martin Luther einen Ordensnamen hatte, stehe nicht zweifelsfrei fest, so Pater Jeremias, einige Quellen sprächen dafür, dass „Augustinus“ der Ordensname Martin Luthers gewesen sein könnte. Wie schon in der 7. Jahrgangsstufe reichte auch bei der 8. Klasse die Zeit nicht aus, um alle Fragen vorzubringen. So mussten wir uns leider viel zu schnell von unserem sehr netten und kompetenten Gesprächspartner und Lutherprofi Pater Jeremias Kiesl verabschieden, jedoch nicht ohne vorher noch mit einem kleinen Geschenk für das leibliche Wohl seines kleinen Konvents in Erfurt gesorgt zu haben.

Jacqueline Schicker, Studienreferendarin

Sigrid Pirkl, Oberstudienrätin i. B.

und die Schülerinnen der 7. und 8. Jahrgangsstufe