“Lebendig und aufgeschlossen, begeistert und begeisternd, mutig, geistreich, drollig, voller Humor, dabei immer weiblich und voller Charme” – so wurde Elly Heuss-Knapp von ihren Freunden beschrieben. Als junges Mädchen schlug sie einen für die damalige Zeit sehr ungewöhnlichen Weg ein – und hatte Erfolg. Sie widmet sich in dieser Zeit ausschließlich der Familie, trifft jedoch dann die Entscheidung: Haushalt und Kinderbetreuung so viel wie nötig – Erwerbstätigkeit und soziales Engagement so intensiv wie möglich.
Elly Heuss-Knapp – die wichtigsten Eckdaten
Elly Heuss-Knapp wurde am 25. Januar 1881 in Straßburg im Elsaß geboren. Ihr Vater, Georg Friedrich Knapp, war Professor der Nationalökonomie an der Universität Straßburg, ihre Mutter Lydia, geb. von Karganow, stammte aus dem Kaukasus.
Als 16-jährige wird sie Sonntagsschullehrerin, zwei Jahre später legt sie das Lehrerinnenexamen ab. 1905 beginnt sie mit dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität Freiburg.
In den folgenden Jahren ist Elly ständig unterwegs, hält Vorträge zu aktuellen sozialpolitischen Fragen und unterrichtet an verschiedenen Schulen.
1908 heiratet sie Theodor Heuss. Nach der Geburt ihres Sohnes Ernst-Ludwig zwei Jahre später widmet sie sich in erster Linie der Familie. Trotz ihrer Arbeit an einer “Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre für Frauen” fühlt sie sich nicht ausgelastet und trifft die Entscheidung: “Haushalt und Kinderbetreuung so viel wie nötig – Erwerbstätigkeit und soziales Engagement so intensiv wie möglich”.
Nach dem 1. Weltkrieg, als erstmals auch Frauen wählen und gewählt werden dürfen, kandidiert Elly Heuss-Knapp für die Deutsche Demokratische Partei, hat jedoch keinen Erfolg. Die Begegnung mit Pfarrer Otto Dibelius führt zu einer Zeit der religiösen Besinnung.
Bis 1933 ist sie wieder als Vortragsreisende unterwegs und nutzt auch immer stärker ein noch junges Medium, den Rundfunk.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kommen, verlieren sowohl Elly als auch ihr Mann ihre Arbeit. Elly verlegt sich nun auf Rundfunkwerbung und dreht sogar Werbefilme. 1935 erleidet sie einen schweren Herzanfall und muss ihre Arbeit immer wieder für Erholungsaufenthalte unterbrechen.
1945, nach dem 2. Weltkrieg, nehmen Theodor und Elly Heuss ihre politische Arbeit wieder auf und werden beide Landtagsabgeordnete. Im September 1949 wird Theodor Heuss Bundespräsident, Elly ist nun die erste First Lady Deutschlands.
1950 gründet sie die “Elly-Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk” und startet Spendenaufrufe.
Am 19. Juli 1952 stirbt Elly Heuss-Knapp in der Uniklinik Bonn.
Ellys Jugendjahre in Straßburg
Elly Heuss-Knapp wuchs im Elsaß auf, ihre Kindheit verbrachte sie in Braunschweig, ihre Jugendjahre in Straßburg. Für sie ist es eine Zeit der frohen und fruchtbaren Entfaltung, die ihr ihre unversiegbare Energie geschenkt haben. Ihr Vater, der sie und ihre Schwester Marianne nach der Erkrankung ihrer Mutter allein erziehen muss, lässt ihnen alle Freiheiten. Dadurch bekommt sie schon früh Einblick in die Lebensart und -auffassung der unterschiedlichsten Volkskreise.
In ihrer Tante Lella, die von Elly nur “Mamli” genannt wird, findet sie eine Art “Mutterersatz”. Mit ihr steht Elly in regem Briefwechsel, ebenso wie mit ihrem Großvater Ludwig Friedrich Knapp, der für sie ein großes Vorbild ist und sie unterstützt und fördert. In all ihren Kinder- und Jugendbriefen kommt das Glück dieser Zeit zum Ausdruck, das Elsaß wurde ihr zur unvergessenen Heimat.
Als 16-jährige arbeitet sie bereits als Lehrerin an einer Sonntagsschule mit. Das Unterrichten gefällt ihr sehr, und so trifft sie eine für damalige Verhältnisse recht ungewöhnliche Entscheidung: Sie meldet sich im Lehrerinnenseminar an. Elly möchte jungen Mädchen helfen, eine eigenen Meinung, mehr Selbstbewusstsein und Willenskraft zu entwickeln und sie durch eine gute Ausbildung vor dem Arbeiterinnenalltag bewahren. In ihrem Entschluss wurde sie auch von dem evangelischen Pfarrer Friedrich Naumann beeinflusst, dem eine bessere Volksbildung als einzige Lösung für die brennenden sozialen Probleme erscheint. Mit neunzehn Jahren legt Elly das Examen ab und gründet in Straßburg ein eigenes Schülchen.
Hier in Straßburg ist sie zudem Mitglied und oft auch Mittelpunkt im sogenannten “Radelklub”, einer Gemeinschaft junger, begabter Leute, die zusammen viel unternehmen und feiern, aber auch ernsthaft über aktuelle Themen diskutieren. Manche der hier geschlossenen Freundschaften, z. B. mit Albert Schweitzer, bleiben ihr Leben lang bestehen.
1905 entschließt sich Elly zum Studium der Volkswirtschaft, zunächst in Freiburg, später dann in Berlin. Sie genießt ihre Freiheit und Unabhängigkeit in dieser Stadt und erkundet die Wirklichkeit des Lebens. Hier trifft sie auf Alice Salomon, eine engagierte Frauenrechtlerin, und arbeitet bei deren Ausstellung über Heimarbeit mit, wo sie schließlich auch Theodor Heuss kennenlernt.
Elly Heuss-Knapp – ein Allroundtalent mit unerschöpflicher Energie
Ursprünglich war Elly Heuss-Knapp Lehrerin von Beruf. Einige Jahre nach der Gründung ihres Schülchens, 1905, beginnt sie mit dem Studium der Volkswirtschaft in Freiburg, das sie später in Berlin fortsetzt. Alice Salomon veranlasst sie zur Mitarbeit bei einer Ausstellung über Heimarbeit, obwohl Elly Frauenrechtlerinnen eigentlich kritisch gegenübersteht, trotz aller eigenen Emanzipationsbestrebungen. Die Verbissenheit, mit der dieses Thema verfochten wird, widerstrebt ihr einfach. Dennoch setzt sie sich über alle Erwartungen hinaus ein und kann sogar einen Politiker dazu bewegen, ihre Meinung zu Gunsten der Frauen im Reichstag zu vertreten.
Diese Ausstellung ist der Startschuss für eine erstaunliche Karriere. Neben ihrer Lehrtätigkeit beginnt Elly, Vorträge zu sozialpolitischen Fragen zu halten. Zunächst spricht sie vor Frauenvereinen, dann auch vor Sozialarbeitern und Gewerkschaftlern. Ihre öffentlichen Reden sind eine Sensation, da sich eine junge Dame zur damaligen Zeit nicht öffentlich zu äußern hatte. Doch durch ihre Ausstrahlung und ihre Fähigkeit, Gegenwartsprobleme interessant und verständlich zu schildern, zieht sie die Zuhörer spielend in ihren Bann. Bald ist sie für Monate im voraus engagiert und kommt durch ihre Tätigkeit in ganz Deutschland herum.
Nach ihrer Heirat mit Theodor Heuss am 11. April 1908 arbeitet Elly an ihrem ersten Buch, einer “Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre für Frauen” und gibt Unterricht. Mit der Geburt ihres Sohnes Ernst-Ludwig 1910 muss sie zwangsläufig eine berufliche Pause einlegen, zumal da sie sich nur langsam von den Komplikationen erholt.
Sie widmet sich in dieser Zeit ausschließlich der Familie, trifft jedoch dann die Entscheidung: Haushalt und Kinderbetreuung so viel wie nötig – Erwerbstätigkeit und soziales Engagement so intensiv wie möglich.
Sie nimmt ihre Vortragstätigkeit wieder auf, engagiert sich für Jugendgruppen und arbeitet für das Rote Kreuz in Heilbronn. 1918, nach dem 1. Weltkrieg, rückt die Politik ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Sie ermutigt die Frauen, von ihrem neuen Wahlrecht Gebrauch zu machen und kandidiert selbst für die Deutsche Demokratische Partei. Die täglichen Wahlreden und Versammlungen zusätzlich zu ihren Vorträgen gehen fast über ihre Kraft. Als trotz allen Einsatzes der Wahlerfolg ausbleibt, zieht sie sich aus der Parteipolitik zurück.
Die Begegnung mit dem evangelischen Pfarrer Otto Dibelius führt zu einer Zeit der religiösen Besinnung. Besonders während des 2. Weltkrieges bezieht sie ihre Kraft aus dem Glauben.
Elly entdeckt nun auch den Rundfunk als neues Betätigungsfeld. Sie wird Mitglied im Programmbeirat des Berliner Rundfunksenders und verfasst Kritiken und Reportagen. Als sowohl sie als auch ihr Mann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihr Arbeit verlieren, da sie als politische Gegner bekannt sind, gerät die Familie in finanzielle Schwierigkeiten.
Hilfe bekommt sie von ihrem Cousin H. Geiger-Otto, für dessen Firma, die Wybert-Werke, Elly Rundfunkwerbung machen soll. Bald wird sie von den verschiedensten Auftraggebern beschäftigt und wirbt für Nivea, Osram, Bosch, AEG, Persil und andere. Für Nivea dreht sie sogar selbstentworfene Werbefilme. Durch die Werbeeinnahmen gelingt es Elly, die Familie über Wasser zu halten.
Nach Ende des 2. Weltkrieges nehmen Theodor und Elly Heuss die politische Arbeit wieder auf. Sie kandidieren beide für die neugegründete Demokratische Volkspartei und werden in den württembergisch-badischen Landtag gewählt. Nur drei Jahre später, am 12. September 1949, wird Theodor Heuss Bundespräsident, seine Frau Elly ist nun die erste First Lady Deutschlands und nimmt an den Staatsbesuchen ihres Mannes teil.
Am 31. Januar 1950 errichtet sie die “Elly-Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk” und ruft zu Spendensammlungen auf. Trotz ihres schweren Herzleidens hält sie noch Vorträge und nimmt an Veranstaltungen und Einladungen teil. Zwei Jahre später, am 19. Juli 1952 stirbt sie in der Universitätsklinik in Bonn und wird in Stuttgart beigesetzt.
Die “Elly-Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk”
“… Ich mache eine Aktion für die Mütter. Bisher tun nämlich alle etwas für die Kinder. Aber die Mütter können einfach nicht mehr…” schreibt Elly Heuss-Knapp 1950 in einem ihrer zahlreichen Briefe.
Schon während des 1. Weltkrieges hatte sie sich für die Frauen eingesetzt, deren Männer eingezogen oder schon gefallen waren. Das Elend der Mütter in der Zeit nach 1945 und die Begegnung mit Frau Dr. A. Nopitsch, der Gründerin und Leiterin des Mütterdienstes, bringen sie auf die Idee, die schon vorhandenen Hilfsdienste, die sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befinden, in einer großen Organisation zusammenzuschließen. Am 31. Januar 1950 stellt sie die “Elly-Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk” im Rundfunk der Öffentlichkeit vor.
Regelmäßig ruft Elly Heuss-Knapp nun zu Spendenaktionen auf, die überwältigenden Erfolg haben, und weist auf die Notwendigkeit einer derartigen Organisation hin:
“Was an den Müttern getan wird, das muss sich ja an der Familie wieder auswirken. Kaum jemand hat gewusst, welchen Umfang die körperliche und seelische Belastung der Mütter angenommen hat und wie stark ihre Gesundheit angegriffen ist. (…) Wenn aber keine Ausgeglichenheit und kein innerer Schwung mehr vorhanden sind, da kommt schließlich die Lähmung. (…) Die Müttergenesungsarbeit will deshalb in der Mutter wieder neue Energien wecken (…).”