Die Frage nach dem richtigen Lebensstil:

Im Rahmen einer Unterrichtseinheit zum Thema Mönchtum organisierten die Fachschaften Evangelische und Katholische Religionslehre Anfang Februar ein Kooperationsprojekt, bei dem Schülerinnen der 7a und 8ab die Gelegenheit erhielten, einem Mönch Fragen zu seiner Lebensweise zu stellen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste diese Talkrunde als Videokonferenz stattfinden, was den Informationsgehalt dieser Veranstaltung aber keineswegs schmälerte. Der Ehrengast dieser Videokonferenz war Pater Jeremias Kiesl aus Erfurt, der einmal dem Augustinerkonvent in Weiden angehört hat, und in dieser Zeit auch als Schulseelsorger und katholischer Religionslehrer am Elly gewirkt hat.

Nach einer kurzen Vorstellung durch OStRin i. B. Sigrid Pirkl erhielt Pater Jeremias die Gelegenheit, darüber zu sprechen, warum er gerade dem Augustinerorden angehört und was die Besonderheit dieses Ordens ist. So wurde dieser Orden als ein Bettelorden im Mittelalter gegründet, um in den stark wachsenden Städten Seelsorge zu betreiben. Dass Pater Jeremias sich ganz in diese Tradition stellt, wurde im Laufe der Konferenz schon daran deutlich, dass er seine Hauptaufgabe in der Seelsorge sieht. Die Schülerinnen erhielten in diesem Zusammenhang eindrucksvolle Beschreibungen seiner zahlreichen Aufgaben, die dafür sorgen, dass in seinem Leben trotz der immer gleichen Gebetszeiten nie Langeweile oder Routine aufkommt. Das Gebet sei für ihn keine Last, sondern sorge seinem Empfinden nach dafür, dass man Abstand zu seiner täglichen Arbeit bekommt. In diesem Zusammenhang zitierte er auch den heiligen Augustinus: ‚Wenn du viel Zeit hast, bete. Wenn du keine Zeit hast, bete noch mehr.‛

Die Fragen der Schülerinnen ließen erahnen, wie schwer sie es sich vorstellen konnten, dass man freiwillig auf Besitz und Familie verzichtet. Pater Jeremias erklärte den Mädchen, dass die Entscheidung für so eine Lebensweise nicht von heute auf morgen feststeht, sondern dass es zuvor eines langen Prozesses bedarf. Er fühle sich aber nicht unglücklich im Kloster, sondern eher privilegiert, muss er sich doch nicht um Versicherungen und ähnliches kümmern. Dies erlaube es ihm, sich voll und ganz seiner Aufgabe zu widmen, das Reich Gottes auf Erden sichtbar werden zu lassen. Um glücklich zu sein, brauche man ohnehin nicht viel Besitz, sondern die Erfahrung, dass man Menschen um sich hat, die es gut mit einem meinen. Und aus zahlreichen Gesprächen im Rahmen der Seelsorge wisse er, dass sich auch verheiratete Menschen manchmal einsam fühlen können – einfach weil wir hier auf der Erde und nicht im Paradies leben. An Kontakten zu anderen Menschen fehle es ihm jedenfalls nicht, hat er doch Mitbrüder in Erfurt, Verwandte in der Oberpfalz und auch mehrere Patenkinder.

Die sehr persönlich gehaltenen Schilderungen des Klosterlebens erlaubten es den Schülerinnen, einen alternativen Lebensentwurf kennenzulernen, wodurch sie wertvolle Impulse für die eigene Lebensgestaltung bekamen.

OStRin i. B. Sigrid Pirkl
StRin Sonja Winkler